Wissenschaftliche Artikel bergen wertvolle Management-Implikationen, sind jedoch in der Regel anspruchsvoll. Unsere Zusammenfassungen ermöglichen es Ihnen, aktuelle Forschungsergebnisse leicht in Ihrem Unternehmen anzuwenden.
Worum geht es in dem Artikel?
Die Beschaffungsstrategie von Unternehmen hat einen starken Einfluss darauf, wie sie die Beziehung zu ihren Lieferanten gestalten. Weniger klar ist, wie taktische Praktiken eingesetzt werden, um die Ziele für konkrete Beschaffungen zu erreichen. Dies untersuchen die Autoren im vorliegenden Artikel am Fallbeispiel von zwei international agierenden Unternehmen aus der Energie- und Chemiebranche.
Was sind Beschaffungspraktiken?
Beschaffungspraktiken sind taktische Massnahmen, die Unternehmen je nach Einkaufsziel und Lieferantenbeziehung einsetzen. Sie lassen sich in zwei Gruppen einteilen:
- Transaktionale Praktiken werden in traditionellen Beschaffungsansätzen angewendet, bei denen Kostenoptimierung und Effizienz im Vordergrund stehen. Typische Beispiele sind Volumen-Bundling, Ausweitung des Lieferantenportfolios und strategische Preisanalysen & -bewertungen.
- Relationalen Praktiken liegt ein weitergefasstes Wertschöpfungsverständnis zu Grunde und zielen darauf ab, Risiken, statt Kosten zu reduzieren. Sie umfassen Massnahmen zur Optimierung des Produkts, der Prozesse und Beziehungsqualität.
Diese Beschaffungspraktiken werden nicht isoliert voneinander angewendet, sondern über mehrere Käufe hinweg kombiniert. Die Autoren analysieren, wie sie zur Erreichung von Kosteneinsparungen, Innovation, Qualität und Lieferperformance eingesetzt werden.
Was sind die Erkenntnisse?
Die Studie bestätigt, dass transaktionale Praktiken eher bei kostenfokussierten Beschaffungen und relationale Taktiken tendenziell zur Erreichung von Qualität, Innovation und Lieferperformance eingesetzt werden. Jedoch ist die Anwendung in der Realität viel nuancierter, da die Praktiken sowohl relationale als auch transaktionale Ziele unterstützen.
Beispielsweise erweitern Unternehmen ihren Lieferantenstamm, um ihre Verhandlungsmacht in der Preissetzung zu steigern oder um das Risiko von Lieferausfällen zu reduzieren. Eine vertrauensvolle und langfristige Geschäftsbeziehung ist wichtig, um gemeinsam Innovationspotenziale auszuschöpfen, häufig aber auch Grundlage, um Kosteneinsparungen zu realisieren. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass der Werkzeugkasten im strategischen Einkauf viel breiter gefächert ist, als bislang angenommen.
Was bedeutet das für Unternehmen?
Als Anbieterunternehmen können Sie Ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern, indem Sie Ihre Kunden dabei unterstützen, ihre strategischen Ziele zu erreichen:
- Prioritäten verstehen: Finden Sie heraus, welche strategischen Ziele Ihre Kunden in der Beschaffung priorisieren und bieten Sie proaktiv Lösungen an. Seien Sie kreativ in der Lösungsfindung und ziehen Sie auch Alternativen in Betracht, die auf den ersten Blick kontraintuitiv wirken.
- Differenzierte Zusammenarbeit: Schaffen Sie die Voraussetzung, Ihr Leistungsangebot flexibel und situativ auf die Anforderungen ihrer Kunden auszurichten. Differenzierte Customer Interaction Modelle sind hierzu ein wertvoller Ansatz.
- Einkauf unterstützen: Helfen Sie Ihren Ansprechpartnern beim Kunden, ihre Position im eigenen Unternehmen zu stärken. Stellen Sie erforderliche Daten zur Verfügung, damit der gemeinsame Weg erfolgreich nach innen «verkauft» werden kann.
- Win-Win erzielen: Voraussetzung für eine erfolgreiche und langfristige Geschäftsbeziehung ist, dass beide Seiten von der Zusammenarbeit profitieren. Analysieren Sie die Zusammenarbeit regelmässig und selbstkritisch gemeinsam mit Ihren Kunden, um Optimierungspotenziale zu identifizieren.
Ursprungstext:
Scholten, K., Pulles, N. J., Hazeleger, L., & Fenneman, B. (2024). In pursuit of value: The objective of a purchase as guide for a relationship. Industrial Marketing Management, 117, 467-480.